Der Obstbau in Deutschland muss sich aufgrund der spürbaren Klimaveränderungen seit einigen Jahren auf einen neuen Fraßfeind in seinen Kulturen einstellen: die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii). Im Obst- und Weinbaugebiet Ahrweiler setzen die Landwirte und Winzer bei der Bekämpfung dieser Fliege auf ein regionales Befallsmonitoring und den Einsatz alternativer Pflanzenschutzmittel. Unterstützung findet dieses Projekt durch finanzielle Fördermittel des Kreises Ahrweiler.
Überall wo das Klima passend ist und es weiche, rötliche beziehungsweise dunkelfarbige Früchte gibt, findet der Schädling Nahrung und Möglichkeiten sich zu vermehren. Bislang wurde in Deutschland ein Befall an Himbeeren, Erdbeeren, Brombeeren und Holunder beobachtet, vermehrt tritt die Kirschessigfliege aber auch im Weinbau auf. Im Gegensatz zur allseits bekannten Fruchtfliege (Drosophila melanogaster), welche faulendes Obst und Abfälle besiedelt, befällt die Kirschessigfliege die gesunden Früchte und zerstört somit schon vor der Zeit die erhoffte Ernte. Bis zu zehn Maden fressen sich durch eine reifende Frucht. Für die Obstbauern und Winzer bedeutet dies neben den schon länger bekannten Schadinsekten – wie beispielsweise der Gallmilbe – einen zusätzlichen Schädlingsdruck. Abhängig vom Witterungsverlauf können insbesondere im Obstbau ganze Ernten in Gefahr sein.
Angesichts einer ohnehin überschaubaren zur Verfügung stehenden Insektizidauswahl und einer wachsenden Kritik aus der Bevölkerung bezüglich deren Anwendung kommt der deutsche Obstbau nicht umhin, sich verstärkt mit umweltschonenden Schädlingsbekämpfungsmitteln auseinanderzusetzen. Im Landkreis Ahrweiler wird seit geraumer Zeit durch Forschung im Feldversuch erfolgreich auf alternative Verfahren bei der Kirschessigfliegenbekämpfung und ein Frühwarnsystem gesetzt. Der Arbeitskreis Obstbau und der Weinbauversuchsring Ahr e.V. sind auf der fachlichen Seite die Träger dieser „Forschung in der Praxis“. Entscheidend für die Realisierung des Projektes sind die jährlichen finanziellen Zuwendungen des Landkreises Ahrweiler. Diese Mittel wiederum werden vom Kreisbauern- und Winzerverband Ahrweiler verwaltet, der die Verteilung der Kreismittel übernimmt und deren Einsatz verfolgt. So agieren Akteure verschiedener Ebenen gemeinsam miteinander, um in der Kirschessigfliegenbekämpfung erfolgreich zu sein.
Mit dem Biochemiker Dr. Michael Ahrend, der eng mit dem Institut für Biotechnologie der Naturstoffe der Universität München zusammenarbeitet, verfügen die beteiligten Obstbaubetriebe und Winzer über eine versierte Fachkraft, welche die Kulturen mittels eines Monitoringverfahrens im erntenahen Zeitfenster auf eine Eiablage der Kirschessigfliege kontrolliert. Außerdem wird die Flugaktivität im Vorfeld der Reifeentwicklung erforscht, um zu sehen, ob der Schädling überhaupt präsent ist. Aus diesen Beobachtungen heraus kann eine Bekämpfungsmaßnahme abgeleitet werden, beziehungsweise kann sie im Zweifel auch erspart bleiben. Im Bedarfsfall kommen dabei pflanzenschutzrechtlich zugelassene Wirkstoffe zum Einsatz, die ausschließlich gezielt den Schädling erfassen und für andere Insekten unschädlich sind. Auch hierzu führt Dr. Michael Ahrend kontinuierlich Versuche durch und optimiert die Einsatzmengen. Die Erkenntnisse daraus werden direkt an die beteiligten Obstbauern und Winzer weitergegeben. So werden überflüssige Behandlungen vermieden und Wirkstoffmengen eingespart, ohne auf Ernteertrag verzichten zu müssen.
Bei der Projektförderung handelt sich folglich um eine Unterstützung der Praxis, gezielt Maßnahmen durchzuführen, wenn es tatsächlich nötig ist. „Wir sprechen hier von eine klassischen Win-win-Situation“, macht der Obstbauer und Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Ahrweiler Franz-Josef Schäfer deutlich: „Obstbauern und Winzer profitieren von kostengünstigen, effektiven und dabei auch noch umweltschonenden Maßnahmen, die sich der Gesetzgeber und letztlich die Verbraucher wünschen.“
Für den Kreisbauernverband Ahrweiler sind die Fortsetzung des Projektes und dessen finanzielle Unterstützung auch in den kommenden Jahren essentiell. „Niemand kann wissen, was in den nächsten Jahren an Kirschessigfliegen auf unsere Kulturen einbricht. Für uns ist es extrem wichtig, dass diese äußerst effektive Unterstützung in Form von Man-power und Geldern erhalten bleibt und fortgeführt wird“, erklärt Franz-Josef Schäfer. Die beteiligten Organisationen würden es begrüßen, wenn dieses Modell auch in anderen Obst- und Weinbauregionen Schule macht.
Nähere Informationen zu dem Forschungsprojekt und dessen pflanzenbaulichen Methoden können beim Kreisbauern- und Winzerverband Ahrweiler telefonisch unter 02641/34755 oder per E-Mail (aw@bwv-net.de) eingeholt werden.
Auszug aus einer Pressemitteilung des Kreisbauern- und Winzerverbandes Ahrweiler vom 7. September 2018.