Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Debatte um die Landwirtschaft müsse der bäuerliche Berufsstand
heute härter denn je um seine Zukunft kämpfen, stellte der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes
Rheinland-Nassau e.V. Michael Horper anlässlich der Generalversammlung des Kreisbauernverbandes
Ahrweiler am vergangenen Samstag in Dernau fest. In seinem Grußwort vor rund
160 Verbandsmitgliedern und Gästen appellierte Horper, dass der jungen Generation in der Landwirtschaft
der Spaß am Beruf erhalten bleiben müsse. Der Hauptredner der Veranstaltung, Sönke Hauschild
vom Bauernverband Schleswig-Holstein, konnte dem nur beipflichten: „Warum soll der Bauer
Bauer bleiben? Die Gesellschaft muss uns da eine Antwort geben!“ Potenzielle Hofnachfolger registrierten
heutzutage durchaus, dass sich in außerlandwirtschaftlichen Berufen gutes Geld verdienen
lasse, ohne mit seiner täglichen Arbeit in der öffentlichen Kritik zu stehen. Der Gastgeber der Versammlung
und gleichzeitig Vorsitzende des Kreisbauern- und Winzerverbandes Ahrweiler Franz-Josef
Schäfer stellte bei seiner Begrüßung mit Bedauern fest, dass die bäuerliche Kultur auf dem Land langsam
verschwinde und bereits etliche Orte im Kreisverband Ahrweiler ohne einen aktiven Landwirt
existierten. Das allgemeine Klagen über die sogenannte industrielle Landwirtschaft würde den Strukturwandel
nicht aufhalten, sondern im Zuge weiter verschärfter Regelungen und Auflagen sogar beschleunigen,
wobei der laufende Trend hin zu größeren Produktionseinheiten fortgesetzt würde, so
Schäfer.
Gastreferent Sönke Hauschild analysierte in seinen Ausführungen, dass sich das Wissen der heimischen
Bevölkerung über die Landwirtschaft mit zunehmender Distanz im Laufe der Zeit deutlich gewandelt
habe: „Vor 100 Jahren stammten 80 Prozent des Wissens aus eigener Erfahrung, heute basieren
80 Prozent auf Kommunikation“. Eine zentrale gesellschaftliche Frage sei geworden, ob man den
Bauern und deren Produkte als Verbraucher noch Vertrauen schenken könne. In Bezug auf die kritische
Darstellung der Landwirtschaft stufte der Gast aus Schleswig-Holstein verschiedene Nicht-
Regierungs-Organisationen (NGO’s) und die Medien als die entscheidenden öffentlichen Meinungsmacher
ein. Erstere würden als Wächter der Gesellschaft wahrgenommen. Sie betrieben professionell
sogenanntes „Negative Campaigning“ und erzählten „klasse Geschichten“. Diese wiederum würden
von den Medien aufgenommen und in fragwürdiger Darstellung publiziert. Den aktuellen politischen
Entscheidungsträgern bescheinigte der Redner in Bezug auf ihr Handeln dabei eine im Vergleich zu
früheren Zeiten veränderte Haltung: „Die Politik schreitet nicht mehr voran – nicht einmal als Kritiker
– sie folgt!“ Die Landwirtschaft stehe damit vor der Herausforderung, sich aus dieser schwierigen,
defensiv gearteten Position heraus zu bewegen.
Positiv in diesem Zusammenhang sei zu sehen, dass die Bauern bei den regelmäßig in der Bevölkerung
stattfindenden vergleichenden Umfragen zur Vertrauenswürdigkeit diverser Berufsstände immer
im oberen Drittel des jeweiligen Rankings stünden, so Sönke Hauschild. Auch das Kaufverhalten zeige,
dass Landwirte grundsätzlich das Vertrauen der Verbraucher genießen würden. „Der Verbraucher
traut uns Bauern zu 100 Prozent – er kauft gnadenlos billig ein“, stellte Hauschild süffisant fest. Bei
negativ gegen die Landwirtschaft ausgerichteten Kampagnen könnten infolgedessen vor allem entwaffnende
Gegenkampagnen ein effektives Mittel sein, um diesen adäquat zu begegnen. Offenheit,
Echtheit und Ehrlichkeit seien wesentliche Element der Aufklärungsarbeit. Das bedeute auch, mögliche
Probleme in der Produktion als landwirtschaftlicher Berufsstand selbst zu kommunizieren, die
Nutzviehställe für Verbraucher zu öffnen oder eine Webcam zu installieren, die rund um die Uhr öffentlich
Bilder im Internet über das Geschehen im Stall präsentiere. „Wir brauchen Glaubwürdigkeit
durch echte Bauern, um Fakten zu transportieren,“ forderte Hauschild und attestierte dabei den sozialen
Medien aufgrund ihrer großen Reichweite und zügigen Informationsverbreitung ein „Riesenschlüssel“
zu sein, um die Glaubwürdigkeit der Landwirtschaft an die Bürger heranzutragen. Bei der
Schaffung von Transparenz unterstütze neben der Fachlichkeit auch eine plakative Darstellungsweise
das Ziel, die Verbraucher mit den eigenen Botschaften zu erreichen. Als Beispiele entwaffnender
Kampagnen präsentierte der Vortragende plakativ erzeugte und über soziale Medien wie Facebook
und Twitter veröffentlichte Videos und Bildformate zum Thema Landwirtschaft, die ihre Wirkung
nicht verfehlt hätten. So sorgte beispielsweise ein Videofilm, bei dem die Verladung von Schweinen
auf einem Viehtransporter mit Bild- und Tonsequenzen aus der Abfertigung von Reisenden am Flughafen
beziehungsweise einer menschenüberfüllte U-Bahn verglichen wurde für große Aufmerksamkeit
und nachweislich hohe Abrufraten im Internet. „Ich sehe durch diese Medien eine ganze Reihe an
Chancen für uns Landwirte“, fasste der Referent zum Ende seines Vortrages optimistisch zusammen.
Auszug aus einer Pressemitteilung des Kreisbauern- und Winzerverbandes Ahrweiler vom 17. Januar 2019