Zur bevorstehenden Landtagswahl hat der Kreisbauern- und Winzerverband Ahrweiler „3 Fragen an die Politik“ gestellt und deren Ergebnisse veröffentlicht.
In Zeiten der Corona-Pandemie und des Lockdowns sind im Vorfeld der rheinland-pfälzischen Landtagswahl die Möglichkeiten eines persönlichen Austauschs zwischen Wählern und Politikern deutlich eingeschränkt. Aus diesem Grund hat der Kreisbauern- und Winzerverband Ahrweiler die Aktion „3 Fragen an die Politik“ durchgeführt. Drei, aus Sicht der heimischen Landwirtschaft drängende, Fragen wurden an die in den Wahlkreisen 13 und 14 antretenden Kandidatinnen und Kandidaten mit der Bitte um eine Beantwortung gerichtet. Dreizehn der fünfzehn Befragten beteiligten sich an der Aktion und ließen dem Bauern- und Winzerverband eine Rückantwort zukommen.
„Es freut uns, dass die Anliegen der Landwirtschaft von der Mehrheit der Kandidatinnen und Kandidaten wahrgenommen werden. Wir bedanken uns bei den Teilnehmenden für ihre Auskunftsbereitschaft“, zeigen sich der Kreisverbandsvorsitzende Franz-Josef Schäfer und Weinbaupräsident Hubert Pauly zufrieden mit der Resonanz auf ihre Befragung. „Ziel unserer Aktion soll sein, unseren Verbandsmitgliedern eine Orientierungshilfe vor der Wahl anzubieten. In den kommenden fünf Jahren werden auf einigen Betrieben im Kreis Ahrweiler die Weichen für die Hofnachfolge gestellt. Da ist es gut, wenn die Bauern- und Winzerfamilien wissen, welche Positionen die regionalen Parteien bzw. Politikerinnen und Politiker vertreten“, führen der Kreisverbandsvorsitzende und der Präsident aus.
Inhaltlich befassen sich die „3 Fragen an die Politik“ mit der Situation der landwirtschaftlichen Tierhaltung im Kreis Ahrweiler, den entstehenden Nutzungskonflikten bei der Ausweisung von Gewerbe- und Siedlungsflächen und den Widrigkeiten im Steillagenweinbau an der Ahr. Die abgegebenen Stellungnahmen der Landtagswahlkandidatinnen und –kandidaten fallen hierzu – erwartungsgemäß – sehr unterschiedlich aus. Vom Umfang her gehen die Antworten von stichwortartig bis ausführlich. Beim Inhalt reicht es von allgemeinen, agrar- oder auch parteipolitischen Statements bis hin zu konkreten (Lösungs)Vorschlägen für die heimische Agrarregion.
Die Tierhaltung und damit die Eigenversorgung von Milch, Fleisch und Eiern geht im Landkreis Ahrweiler seit Jahren stetig zurück. „Das hängt auch damit zusammen, dass wir zum Beispiel beim Fleisch nur noch wenige Schlachtstätten im Kreis haben und diese auch noch mit hohen Gebühren zu kämpfen haben. Hier muss die Politik dringend und konkret handeln, sonst brechen die letzten vorhandenen Strukturen komplett weg“, führt Franz-Josef Schäfer sorgenvoll aus. Der Kreisbauern- und Winzerverband Ahrweiler fordert in diesem Zusammenhang eine gezielte Unterstützung und Förderung der Tierhalter: „Die von uns befragten Politikerinnen und Politiker haben sich parteiübergreifend in ihren Antworten für einen Fortbestand der Nutztierhaltung im Kreis Ahrweiler ausgesprochen. Entsprechend hoch sind unsere Erwartungen für die Zeit nach der Landtagswahl, indem bürokratische Hürden abgebaut und die Wettbewerbsfähigkeit der Tierhalter gestärkt werden. Landwirtschaftliche Tierhaltung findet im Kreis Ahrweiler auf bäuerlichen Familienbetrieben statt. Diese haben es schwer, mit Großbetrieben aus anderen Regionen und dem Ausland zu konkurrieren, welche weniger Auflagen haben und dadurch kostengünstiger produzieren können.“
Das Thema Flächenverbrauch für gewerbliche Zwecke und zusätzliche Wohnbebauung treibt die Ahrweiler Landwirte bereits seit geraumer Zeit um. In der Vergangenheit sind dadurch etliche Hektare gutes Acker- und Grünland für die Betriebe verloren gegangen. Hinzugekommen sind inzwischen auch die Bestrebungen, im Kreisgebiet den Ausbau von erneuerbaren Energien mittels Freiflächenfotovoltaik voranzubringen. Bei der Auswahl dafür geeigneter Standorte zeichnen sich Nutzungskonflikte ab. „Wir Landwirte und Winzer lehnen die Freiflächenfotovoltaik nicht grundsätzlich ab, sehen aber bei einer Umsetzung auf gewissen Standorten eine konkrete Existenzbedrohung für Betriebe, die dadurch wertvolle Acker- und Futterfläche verlieren“, mahnen Franz-Josef Schäfer und Hubert Pauly an. „Die überwiegende Zahl der von uns befragten Kandidatinnen und Kandidaten hat uns mit ihren Antworten fast durchweg signalisiert, dass nach ihrer Auffassung auf Acker- und Grünlandflächen die Nahrungsmittelproduktion weiter Vorrang haben und der Flächenverbrauch für Bebauung zukünftig in geringerem Ausmaß als bisher ausfallen soll. Auch hier werden wir die Entwicklungen in der kommenden Legislaturperiode beobachten und mit den Aussagen im Wahlkampf abgleichen“, geben sich die beiden Verbandsvertreter hoffnungsvoll.
Der Weinbau an der Ahr ist landschaftsprägend und liefert einen erheblichen Beitrag für den Tourismus und die Naherholung in der Region. Weinbaupräsident Hubert Pauly sieht dennoch Verbesserungspotenzial bezüglich der Wertschätzung für die harte Arbeit, die die Winzer in der Steillage verrichten: „Wir erfahren bei unserer Arbeit in den Weinbergen immer wieder Konflikte mit Personen, die die Winzerwege für Freizeitaktivitäten nutzen. Aus der Politik bekommen wir bei diesem Thema wenig Verständnis und Unterstützung. Im Gegenteil: es gibt Überlegungen, Winzerwege in Radschnellwege umzuwidmen. Wir plädieren für eine vernünftige Koexistenz und gegenseitige Rücksichtnahme in den Weinbergen und benötigen dafür Unterstützung aus der Politik.“ Auch der Pflanzenschutz in den Weinbergen sorgt wiederkehrend für Diskussionen und treibt Präsident Pauly um: „Wir hoffen, dass der Pflanzenschutz aus der Luft, den wir für die Bekämpfung von Pilzkrankheiten in unseren Rebanlagen, benötigen, zukünftig weniger und durch alternative Technologien ersetzt wird. Hier muss die Politik einen Beitrag leisten“. Dieses ist beinahe deckungsgleich mit den Statements einiger der befragten Wahlkreiskandidatinnen und –kandidaten, die diesbezüglich ebenfalls Förderungsbedarf sehen. Insgesamt bescheinigen die Befragten dem Weinbau an der Ahr seine hohe Bedeutung für die Kulturlandschaft und eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung. „Das ist auch wichtig, damit unsere Jungwinzerinnen und –winzer, die in den Startlöchern zur Betriebsübernahme stehen, sich für die Zukunft gesellschaftlich und politisch angenommen fühlen“, stellt der Weinbaupräsident klar.
Der Kreisbauern- und Winzerverband Ahrweiler betont im Vorfeld der Landtagswahl seine Überparteilichkeit. Der Kreisvorsitzende Franz-Josef Schäfer hat bezüglich des Wahlergebnisses dennoch einen Wunsch: „Landwirtschaft und Weinbau stehen vor großen Herausforderungen. Für unsere Anliegen braucht es in der kommenden Legislaturperiode möglichst ein kompetentes, eigenständiges Landwirtschaftsministerium in Mainz. Das Ressort im Rahmen einer Kabinettsumbildung zu einem Anhängsel des Umweltministeriums zu machen, würde die wirtschaftlichen Perspektiven unserer Betriebe in Landwirtschaft und Weinbau mit Sicherheit verschlechtern.“
Der Bauern- und Winzerverband Ahrweiler wird die einzelnen Stellungnahmen der Politikerinnen und Politiker zu den „3 Fragen an die Politik“ seinen Mitgliedern zur Verfügung stellen und auch auf der verbandseigenen Website www.awbauern.de veröffentlichen.
Pressemitteilung des Kreisbauern- und Winzerverbandes vom 2. März 2021
Hintergrund
Der Kreisbauern- und Winzerverband Ahrweiler hat allen Kandidatinnen und Kandidaten zur am 14. März 2021 stattfindenden Landtagswahl aus den Wahlkreisen 13 und 14 in Rheinland-Pfalz einen offenen Fragebogen mit drei Fragen zum Themengebiet Landwirtschaft zukommen lassen:
Frage: „Die landwirtschaftliche Tierhaltung und damit die Eigenversorgung von Milch, Fleisch und Eiern geht im Landkreis Ahrweiler seit Jahren stetig zurück. Welche politischen Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht erforderlich, um diesen Trend zu stoppen und die Regionalität der genannten Lebensmittel zu fördern?“
Frage: „Die Nutzungskonkurrenz landwirtschaftlich genutzter Flächen durch Industrieflächen, Wohnbebauung, Straßenbau und neuerdings auch Freiflächenfotovoltaik hat für etliche landwirtschaftliche Betriebe im Kreis Ahrweiler ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen. Wie kann die Landespolitik hier gegensteuern?“
Frage: „Der Anbau von Wein leistet einen erheblichen Beitrag für die Entstehung der Kulturlandschaft des bei vielen Menschen beliebten Ahrtals. Die Winzer selbst erfahren für ihre aufwändige Arbeit in den Steillagen jedoch zuweilen Kritik von Mitbürgern (z.B. bei der Nutzung der Weinbergswege) und stetig zunehmende Bewirtschaftungsauflagen von Seiten der Politik. Welchen politischen Ansatz sehen Sie, allgemein die Akzeptanz des Weinbaus zu verbessern und speziell die Existenz des Steillagenanbaus zu sichern?“
Hier die Antworten als Tableau im PDF-Format:
Flächennutzungskonflikt_Politik AW
Es handelt sich um die Originalantworten – Kürzungen oder Korrekturen wurden nicht vorgenommen.